Wertermittlung

Sie haben eine Gruen-Uhr geerbt und sind sich nicht sicher, ob eine Reparatur lohnt, oder Sie wollen eine Gruen-Uhr kaufen und wollen wissen, was diese kosten darf? Den Wert einer Gruen-Uhr zu bestimmen ist nicht immer ganz einfach, da diese Uhren seit Jahrzehnten nicht mehr hergestellt werden und es keinen Katalog gibt, in denen der Preis vermerkt wäre. In der Vergangenheit wurden mitunter Bücher veröffentlicht, in denen die gehandelten Preise verschiedener Uhrenmarken und Uhrenmodelle über die letzten Jahre veröffentlicht wurden. Diese Publikationen waren aber zumeist lücken- und fehlerhaft und relativ schnell wieder veraltet. Heute kann man besser über das Internet recherchieren. In den seltensten Fällen werden Sie aber genau das passende Modell und in einem vergleichbaren Zustand finden, sodass Sie am Ende doch auf die eigene oder die Schätzung der Uhr durch einen Experten angewiesen sind.

Im Folgenden sind die wesentlichen wertbestimmenden Faktoren von Gruen-Uhren aufgelistet:

Material der Uhr

Besteht die Uhr aus massivem Gold oder ist sie nur vergoldet? Der Materialwert einer massiv goldenen Uhr beträgt bereits ca.150-200€, der einer vergoldeten Uhr aber meist keine 10 €. Das Material der Uhr findet sich bei Gruen-Uhren meist auf der Stirnseite der Rückseite eingraviert. Hier finden sich Bezeichnungen wie

  • "Base Metal" = unedles nicht vergütetes Metall, meist verwendet für Gehäuse (engl. "Bezel") in den 194oer bis 1960er Jahren, weist oft starke Korrosionsschäden auf)
  • "Guildite" = Edelstahl, nichtrostend, die Bezeichnung wurde nur von Gruen verwendet, meist nur für die Uhrendeckel (engl. "Back") verwendet, die direkt mit dem Schweiß der Haut in Berührung kam
  • "Reinforced Gold", doppelte Goldauflage an der Außenseite der Uhr, wo der meiste Abrieb stattfindet. Die Bezeichnung "Gruen Reinforced Gold" war durch Gruen warenzeichlich geschützt. Neben Gold findet sich auch "Reinforced Platinum".
  • "10K gold filled" oder "14 K gold filled" (mitunter auch abgekürzt "GF") = vergoldet mit 10 oder 14 Karat Gold
  • "Gold plated" (mitunter auch abgekürzt als "GP" = ebenfalls vergoldet, die aufgetragene Schicht ist aber deutlich dünner als bei "Gold Filled" und die Uhr daher weniger wert
  • "10 K Gold" oder "14 K Gold" (oft auch nur "10 K" oder "14 K" ohne weitere Zusätze) = massiv Gold in der Qualität 10 oder 14 Karat, meist sowohl für Gehäuse als auch für Uhrdeckel verwendet
  • "Nickel" = Nickel, wurde nur in den 1910er und frühen 1920er Jahren verwendet, weist mitunter starke Korrosionsschäden auf und kann Allergien auslösen
  • "Sterling" = Silber, wurde teilweise für die Uhrdeckel während des zweiten Weltkriegs verwendet, Reinheit 92,5% wie bei der alten englischen Sterling-Münze, woher der Name stammt, bessere Qualität als das sogenannte Coin-Silver, das teilweise nur 75% Reinheit besitzt

Zustand der Uhr

Da mechanische Gruen-Uhren heute nicht mehr gebaut werden, sind fast alle Uhren benutzt. Der Erhaltungszustand der Uhren kann stark variieren. Nur selten findet man fabrikneue, ungetragene Uhren im Handel die meist unter der Bezeichnung "NOS" (="new old stock", engl. für "neuwertiger alter Lagerbestand") oder "mint" (engl. "unbenutzt") angeboten werden.

  • Komplettheit: fehlen Zeiger, Krone, Uhrglas oder Uhrband? Ersatzteile gibt es zwar meist noch, sind aber nicht immer leicht zu beschaffen
  • Originalzustand: Sind alle Teile noch im Originalzustand? Wurden in der Vergangenheit mangels Verfügbarkeit beispielsweise Zeiger oder Krone mit nicht originalen Teilen ersetzt, mindert das den Wert, insbesondere wenn auf der Krone beispielsweise "Bulova" oder eine andere Marke steht. Zifferblätter werden mitunter auch neu bedruckt. Für Sammler mindert das den Wert, insbesondere wenn das Zifferblatt mit Phantasiemustern oder Farben bedruckt wird, die es im Original nie gab.
  • Gebrauchsspuren: Gebrauchsspuren mindern den Wert einer Uhr. Dabei ist zu unterscheiden, ob beispielweise das Uhrglas nur leichte Kratzer hat, die poliert werden können, oder ob das Uhrglas komplett ersetzt werden muss. Weiterhin mindern zu tiefe Kratzer oder blanke Abriebstellen an den Ecken des Gehäuses, bei denen das Trägermetall erkennbar wird, den Wert einer Uhr. Das gleiche gilt für starke Verfärbungen, Kratzer und Flecke auf dem Zifferblatt. Eine leichte Patina hingegen, die signalisiert, das es sich um das Originalzifferblatt handelt, ist durchaus erwünscht.
  • Funktion, Ganggenauigkeit: Mechanische Uhren benötigen in der Regel alle 5-10 Jahre eine Reinigung und Revision. Diese kostet leicht 80€ und mehr. Kommen noch Ersatzteile hinzu wird es noch deutlich teurer. Daher sind Uhren, deren kürzliche Revision durch einen Uhrmacher belegt werden kann und die maximal eine Minute am Tag falsch gehen, generell teurer. Läuft die Uhr an und bleibt nach einigen Minuten wieder stehen, ist damit die Funktionsweise garantiert und es wird nur eine Reinigung und Justierung benötigt. Schlimmer wird es, wenn der Aufzugmechanismus blockiert oder durchdreht und/oder die Zeiger sich nicht mehr verstellen lassen. Dies deutet auf eine größere Reparatur hin, die den Wert der Uhr deutlich mindert.

Alter der Uhr

Vom Anfang des vorigen jahrhunderts bis in die 1950er Jahre entwickelten sich Armabnduhren von einer Rarität zu einem Massenartikel. Mit der Häufigkeit nimmt aber auch die Seltenheit ab, wodurch der Sammlerwert sinkt. Daher sind ältere Uhren in der Regel teurer als jüngere. Soweit zur Theorie. In der Praxis wird diese Regel aber oft durchbrochen, da die Tragbarkeit einer Uhr oder besondere Eigenschaften für den Erwerber oft wichtiger sind, als deren Seltenheit.
Oft kann man lesen, dass alle Gruen Uhren, die nach der Einstellung der eigenen Fertigung in Cincinnati im Jahr 1958 produziert wurden, nicht viel wert sind und nicht stark nachgefragt werden. Diese Aussage ist schlichtweg falsch. Im Gegenteil stammen einige der teureren Gruen-Uhren aus der Zeit danach. Dies liegt daran, dass auch die Nachfolgefirmen der Gruen Watch Company bis zur endgültigen Liquidierung der Firma im Jahre 1976 ausschließlich hochwertige Schweizer Uhrwerke in ihren Uhren verbaut haben. So gehört die Gruen Airflight aus der ersten Hälfte der 1960er Jahre, obwohl sie immer noch vergleichsweise häufig angeboten wird, definitiv zu den teuren Gruen-Uhren.

Modell

Selbst tadellose erhaltene Gruen-Uhren können je nach Modell erheblich im Preis variieren. Entscheidend ist hier weniger das Alter als vielmehr die Besonderheit eines Modells und damit die erhöhte Nachfrage. So findet sich an der Spitze der Preispyramide die Gruen Fiftieth Anniversary Watch, eine fünfeckige Taschenuhr, die in limitierter Auflage zum 50. Bestehen der Gruen Watch Company heruasgegeben wurde. Ebenfalls stark nachgefragt wird die Gruen Techni-Quadron, eine rechteckige Uhr mit großer dezentraler Sekunde, die baugleich als Rolex Prince verkauft wurde.

  • Armband vs. Taschenuhr: Für beide Uhrenkategorien gibt es eine Sammlergemeinde, so dass man hier keine Präferenz zugunsten der einen oder anderen aussprechen kann. Taschenuhren haben den Vorteil, dass sie älter und seltener sind, Armbanduhren haben hingegen den Vorteil, dass sie auch heute noch problemlos getragen werden können.
  • Modellreihe: Generell kann festgehalten werden, dass die Armbanduhren der Modellreihen Quadron und Curvex eher teurer sind als die Modellreihen Veri-Thin, Precision oder die normalen Gruen Watches. Innerhalb der Modellreihen gibt es aber enorme Unterschiede: So werden die Veri-Thin Uhren der "Pan American"-Reihe oder die Gruen 21 Barclay ("Spider") traditionell stark nachgefragt, obwohl viele andere Uhren dieser Modellreihen eher weniger gesucht werden. Die Zugehörigkeit zu den Modellreihen kann man zuweilen der Beschriftung auf dem Zifferblatt ablesen, ansonsten empfiehlt sich eine Identifizierung über die Bücher von Mike Barnett ("Gruen Watch Identification Guide") oder über die Uhrengalerie dieser Webseite.
  • Modelltyp: Der genaue Modelltyp lässt sich oft erst nach Öffnen des Uhrgehäuses bestimmen, anhand des Uhrwerks und der Typnummer, die bei den meisten Gruen-Uhren im Inneren des Uhrdeckels eingeprägt ist. Bitte beachten Sie, dass es von vielen Modellen verschiedene Ausführungen gibt, beispielsweise mit einem schwarzen oder einem weißen Zifferblatt. Daher ist zur Bestimmung des Modelltyps die Form des Gehäuses und der Bandanstösse wichtiger als die Gestaltung des Zifferblatts.
  • Uhrwerk: Die unterschiedlichen Modellreihen verwenden meist unterschiedliche Uhrwerke (Ausnahme "Gruen 21"). Meist gibt es hier keine besonderen Prioritäten bei Sammlern, da Gruen durchweg hochwertige Uhrwerke hergestellt hat. Allerdings gibt es hier eine Ausnahme: Bei den Curvex-Uhren gibt es in Sammlerkreisen eine deutliche Priorität für die längeren und stärker gebogenen 3er-Uhrwerke (311,330 und 370) gegenüber dem kleineren und häufiger angebotenen 440-Uhrwerk.
  • Komplikationen: Bis in die zweite Hälfte der 1940er Jahre besaßen fast alle Uhren einen Sekundenzeiger als höchste Komplikation. Erst danach kamen Automatikuhren und die Datumsanzeige des Monatstages hinzu, die später quasi Standard wurden. Weitere Komplikationen, wie eine Alarmfunktion, eine Anzeige der Gangreserve, Stoppuhr, Anzeige von Tages- und Nachtzeit oder Weltzeit etc. gab es erst ab frühestens Mitte der 1950er Jahre und nur in ausgesuchten Modellen, die daher sehr gefragt und teuer sind.
  • Herren- vs. Damenuhr: Da die meisten Uhrensammler Männer sind und die meisten Sammler ab und zu ihre Uhren selber tragen wollen, ist die Nachfrage nach Herrenuhren sehr viel größer als nach Damenuhren. Dies wirkt sich selbstverständlich auch auf die Preise von Sammleruhren aus, weshalb Herrenuhren in der Regel deutlich teurer als Damenuhren sind. Außerdem waren die Herrenuhren bis in die 1960er Jahre sehr viel kleiner als heute wodurch die meisten alten Herrenuhren heute von beiden Geschlechtern, sozusagen als Unisex-Uhren, getragen werden können. Auch die Ganggenauigkeit der vergleichsweise größeren Herrenuhren dürfte etwas höher sein. Dennoch sind die Miniaturuhrwerke der Damenuhren, speziell in den 1930er und 1940er Jahren, auch heute noch ein Meisterwerk der Uhrmacherkunst und werden zu Unrecht vernachlässigt.
  • Mode/Tragbarkeit: Manche Uhrenmodelle sind inzwischen zeitlose Klassiker, wie die Quadron-Modelle im Art_Deco-Stil, und wirken heute wieder an jedem Handgelenk elegant. Andere Uhrenmodelle sind noch vergleichsweise jung und sehen daher für viele "altmodisch" aus. Hier sind insbesondere die großen ovalen, tonnen- und kissenförmigen Uhren mit teilweise recht bunten Zifferblättern der 1970er Jahre zu nennen. Die Sammlergemeinde hat zu diesen Uhren noch nicht genügend Abstand, da man vielfach die Uhren noch aus der eigenen Jugend kennt. Ähnlich wie Oldtimer bei den Autos, müssen sie erst noch älter werden, um den gebührenden Platz in den Sammlerherzen zu erhalten.

Ähnliches gilt für die meisten goldenen Uhren, die für den heutigen Zeitgeschmack überladen wirken. Daher gibt es momentan einen deutlichen Hang zu silbernen und weißgoldenen Uhren, die sich auch im Preis niederschlägt.
Auch die kleineren Uhren sind heute weniger gefragt, da der momentane Trend zu sehr großen Armbanduhren im Stile einer Panerai geht. Allerdings sollte man bedenken, dass jede Mode irgendwann ihr Ende findet und daher schon in einigen Jahren wieder der Trend hin zu kleineren oder goldenen Uhren gehen kann, wodurch diese wieder im Preis steigen. Glücklich, wer dann ein Exemplar, das schon früher zum niedrigen Preis erworben wurde, sein eigen nennen kann.

Verkaufsort

  • Verkaufsland: Die meisten Gruen-Uhren wurden während des Bestehens der Gruen Watch Company in den USA und Kanada verkauft. Wegen eines fehlenden Vertriebsnetzes waren diese Uhren in Europa eher selten. Daher beschränken sich die heute angebotenen Gruen Uhren in Europa meist auf Geschenke und Importe aus den USA. Obwohl auch die Zahl der Sammler für Gruen-Uhren geringer ist als in den USA ist das Preisniveau in Europa deutlich teurer. Dies wird auch dadurch verständlich, wenn man bedenkt, dass der Versand aus den USA mindestens 25$ kostet und zusätzlich die Einfuhr- und Umsatzsteuer auf rund 30% des Waren- und Portowertes entrichtet werden muss
  • Verkaufsplattform: Früher konnte man Gruen-Uhren nur beim einschlägigen Uhrmacher, auf Flohmärkten oder Sammlerbörsen kaufen. Hier hing es zumeist am Verhandlungsgeschick und dem Verkaufsdruck des Verkäufers, ob man ein Schnäppchen machen konnte oder nicht. Heute bieten viele Internetplattformen Uhren an. Am bekanntesten ist sicherlich Ebay. Zur Preisrecherche sollte man allerdings seine Suche nicht nur auf Deutschland beschränken (www.ebay.de), sondern vor allem in den USA suchen (www.ebay.com, Suchwort: "Gruen Watch"), da dort auch heute noch die meisten Gruen-Uhren verkauft werden. Hier muss man allerdings beachten, dass die dargestellten Preise nicht die tatsächlichen Verkaufspreise sind, da Ebay ein Auktionsportal ist und die meisten Gebote erst in den letzten Minuten einer Auktion eingehen. Um die tatsächlich erzielten Verkaufspreise zu sehen, müssen Sie sich daher die verkauften Uhren ansehen. Dieses Feature von ebay ist weniger bekannt, aber bei der Preisrecherche sehr hilfreich. in der linken Menüleiste der amerikanischen Webseite von Ebay unter der Rubrik "Show only" die Auswahl "Sold listings" anklicken. Leider werden die beendeten Auktionen von Ebay bereits nach wenigen Monaten gelöscht, so dass sich hier alle paar Wochen ein neuer Blick empfiehlt.

Weitere renommierte Verkaufsportale sind www.chrono24.com und www.auctionata.de. Hier liegen die Preise meist deutlich höher als bei Ebay, die angebotenen Uhren sind aber zumeist generalüberholt, gereinigt und justiert. Als letzte Möglichkeit kann man auch bei renommierten Händlern von Gruen-Uhren nachsehen, ob das gewünschte Modell zurzeit vorrätig ist und zu welchem Preis. Diese Händler geben zumeist eine Garantie auf Ganggenauigkeit, was sich natürlich auch im Preis niederschlägt. Interessante Adressen sind hier www.watch-seller.de, www.watch-time.de, www.linckersdorff.de, www.empress.cc.