Es ist davon auszugehen, dass die Familie von Johann Georg Grün in relativ bescheidenen Verhältnissen lebte. Die Gruens konnten als Vollwaisen mit keiner große Erbschaft rechnen. Der Beruf des Schuhmachers war zwar ehrbar, konnte aber die Familie in der damaligen Zeit nur notdürftig ernähren.
Erschwert wurde die Lage durch die aufkommende industrielle Revolution, die viele Handwerker arbeitslos und die Industriearbeiter zu billigen Tagelöhnern machte. Es entstand ein Industrieproletariat, das unterstützt durch intellektuelle Vordenker zunehmend unzufrieden wurde und gegen die herrschenden Verhältnisse rebellierte. Am bekanntesten ist hier sicherlich der schlesische Weberaufstand von 1844, der als Vorbote der deutschen Revolution von 1848/1849, auch Märzrevolution genannt, gelten kann.
Im benachbarten Worms etablierte sich die Lederindustrie durch Ausbau der Lederfabriken „Cornelius Heyl AG“ (gegr. 1834) und „Doerr & Reinhart“ (gegr. 1840). Dennoch reichten die neu geschaffenen Arbeitsplätze nicht aus, das entstehende Industrieproletariat ausreichend zu versorgen.[6]
In der Folge suchten insbesondere die ärmeren Schichten ihr Heil in der Auswanderung. So auch in Osthofen. Die Auswanderungswelle dauerte von ca. 1849 bis 1861. Höhepunkt war das Jahr 1853 als alleine 146 Männer, Frauen und Kinder, davon 76 mit und 70 ohne Genehmigung der Behörden aus Osthofen weggingen. Das waren alleine in diesem Jahr rund 7% der Bevölkerung.[7]
Beflügelt wurde die Auswanderung vor allem in die USA durch Berichte über große Goldfunde. Spieler, Hazardeure und Abenteurer zog es aufgrund von Berichten, nach denen arme Landarbeiter über Nacht zum Millionär wurden, in Scharen zu den vermeintlichen Goldlagerstätten. Nach Goldfunden am Sacramento River und im America River nahe San Franciso im Jahr 1848 sorgte insbesondere der kalifornische Goldrausch zu einer neuen Einwanderungswelle nach Amerika.[8]
Während die drei ältesten Söhne Georg, Johann und Jakob bereits früh emigrierten, beendte der jüngste, Dietrich, erst seine Ausbildung.
1867, im Alter von 20 Jahren folgte er dann einer Einladung seiner beiden Brüder Johann und Jakob nach St. Louis, Missouri. Der älteste Bruder Georg war bereits 1863 im amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1865) gefallen.[9] Die älteren Brüder waren im Weinhandel tätig und handelten unter anderem mit Wein aus ihrer rheinhessischen Heimat.
[1] NN: Wikipedia, Phytophthora infestans
[2] NN: Wikipedia, Große Hungersnot in Irland
[3] NN: Wikipedia, Kartoffelrevolution
[4] Wechsler, Bert: 1200 Jahre Osthofen, S. 178, herausgegeben von der Stadtverwaltung Osthofen, Juli 1984
[5] Konrad, Walter und Traudl: Osthofener Geschichten, S. 25 ff., 1998, Selbstverlag
[6] Götzen, Johannes, Erinnerung an Lederindustrie in Worms, Wormser Zeitung 25.10.2012
[7] Konrad, Walter: 1200 Jahre Osthofen, S. 180, herausgegeben von der Stadtverwaltung Osthofen, Juli 1984
[8] NN: Wikipedia; Goldrausch
[9] Schliesser, Paul, Gruen –The Art & Mystery of Watchmaking, 1998-2001, http://www.pixelp.com
[a] zeitgenössische Zeichnung der Bridget O’Donnel und ihrer Kinder, Quelle: Illustrated London News 1849
[b] Lederproduktion bei Doerr & Reinhart, Worms, um 1900, Quelle: http://www.wormser-lederindustrie.de, 9.6.2014
[c] Susanne Margarethe Brückman, geb. Grün, Schwester von Dietrich Gruen, Grabstein auf dem Bergfriedhof in Osthofen, Foto: Peter Schill
[d] Liebfrauenkirche in Worms mit den berühmten Weinbergen zur Produktion der „Liebfraumilch“, Quelle: http://www.wikipedia.org/wiki/Datei:Worms_Liebfrauen.jpg
[e] Brief an Jacob Gruen von seinem Vetter Simon Friedrich Schill, Osthofen, über den gemeinsamen Weinhandel, September 1872, Quelle. Kopierbuch des S.F.Schill im Familienbesitz, Foto: Peter Schill