1903-1958, Gruen Pocket Watch

Im Jahr 1903 begann Gruen mit einer Uhrenproduktion in Madretsch/Schweiz. Die Gemeinde war ein Vorort von Biel/Bienne und wurde im Zuge einer Gebietsreform 1920 in Biel eingemeindet. Die Stadt Biel und die Region war seit jeher ein Zentrum der Schweizer Uhrenindustrie. Bereits 1873 gab es 75 Uhrenfabrikanten in Biel, die 1500 Arbeiter beschäftigten.[1] Dietrich Gruen hatte bereits in den Jahren 1875 bis 1880 Rohuhrwerke aus Madretsch von Aeby & Landry für die Columbus Watch Co. bezogen. [2] Daher lag es nahe, an diesem Standort eine neue Uhrenproduktion aufzubauen. Allerdings hatte sein alter Partner, die Firma Aeby & Landry im Jahr 1890 Insolvenz angemeldet und der in den USA ausgebildete Firmenchef Leo Aeby verstarb im Jahre 1893 im Alter von nur 32 Jahren an einer Lungenkrankheit.[3]
Gruen bezog Produktionsräume in der Pianostrasse 55 in Madretsch/Biel,[4] ein Fabrikgebäude, das später die Zifferblatt-Manufaktur Mérusa und heute eine Schule und Kindergärten beherbergt. Zunächst wurde eine Taschenuhr mit der Bezeichnung Gruen Precision und einem Porzellanzifferblatt produziert. Es ist zu vermuten, dass diese ersten Uhren auf einem von Gruen modifizierten Uhrwerk eines anderen Herstellers beruhten. Möglich ist aber auch, dass diese Uhren beriets eine Vorstufe der Entwicklung zur Gruen VeriThin waren. Die Gruen Precision Uhren hatten die fortlaufenden Uhrwerksnummern von ca. 127.000 bis ca. 141.000.

Im Jahr 1904 wurde die Gruen VeriThin Taschenuhr erstmalig der Öffentlichkeit vorgestellt. Diese Uhr war bahnbrechend für ihre Zeit, da sie die Anzahl der Ebenen für die sich überlappenden Zahnräder von 4 auf 3 reduzierte, was eine deutlich dünnere Bauweise auch der Uhrengehäuse ermöglichte. [5] Diese Uhr war ein unmittelbarer Erfolg und deshalb wurden die VeriThin-Uhren und nachfolgend auch die Ultra-VeriThin und UltraThin-Uhren bis in die 1950er Jahre von Gruen weiter gebaut.

In Madretsch wurden bis in die 1920er-Jahre ausschließlich hochwertige Taschenuhren der Kaliber V (VeriThin, u.a. , V1, V2, V3, V3 1/2, V4, V5, VE) und UV (Ultra-VeriThin) hergestellt. Ihnen allen ist gemein, dass sie im Gegensatz zu den Gruen Guild-Taschenuhren auf dem Uhrwerk mit “Gruen Watch Co.” und nicht “Gruen Guild” bezeichnet sind. Die kostengünstigeren und mit Gruen Guild bezeichneten Semi-Thin-Taschenuhren wurden bei Lavina in Velleret produziert. Alle Kleinuhrwerke kamen von Aegler. Nach Eröffnung der eigenen Precision Factory in Biel im Jahr 1921 wurde die Produktion der hochwertigen Uhren dorthin verlagert. Das Guild Book von 1929 zeigt neben den anderen Produktionsstätten auch eine Abbildung der „Guild Factory M“ in Madretsch mit dem Hinweis, dass man dort und bei Aegler („Guild Factory A)“ auf die Herstellung von Damenuhren spezialisiert ist, während in Villeret („Guild Factory V“) die Taschenuhren und in der Precision Factory („Time Hill Plant of the Guild“) nur die Präzisionsuhrwerke hergestellt werden.[6]

Die Uhren der VeriThin und Ultra-VeriThin Baureihen zeichnen sich durch eine extrem schmale Bauweise aus. Die Uhrwerke unterschieden sich untereinander hauptsächlich durch die Anzahl der Steine:
VE (21 Jewels Extra Precision), V1 (21 Jewels Precision), V1 1/2 (21 Jewels Precision, 8 Positions), V2 (19 Jewels Precision, 5 Positions), V3 (17 Jewels Precision), V 3 1/2 (19 Ruby Jewels), V4 (17 Jewels, 5 Positions), V5 (15 Jewels).[6] Taschenuhren mit Uhrwerksnummer ab ca. 6.0000 wurden später auch noch mit dem Kaliber V7 (17 Jewels) bestückt, das vermutlich in der Precision Factory hergestellt wurde.

Die späteren Uhrwerke, die hergestellt wurden, als die Armbanduhren den Taschenuhren bereits den Rang abgelaufen hatten, tragen Seriennummern, denen eine 2, 3- oder 4 mit jeweils einem Bindestrich vorangestellt ist.
Diese Uhren haben alle ein Kaliber aus der Uhrwerksfamilie 3xx (u.a. 380 [16.75“‘, 17 J], 381 [16.75“‘, 15 J], 385 [17.5“‘, 17 J], 386 [17.5“‘, 15 J], 390 [17 J], 395[17 J]). [7]

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[1] H. Strobel: Die industrielle Geschichte von Alt-Biel und der Region, http://altstadt-biel.ch/stadtgeschichte/die-industrielle-geschichte-von-alt-biel-und-der-region/, 26.2.2016
[2] N.N.: watch-wiki.org, Aeby & Landry, 26.2.2016
[3] N.N.: http://www.uhrenpaul.eu/Uhrenseite/Unterseiten/Subseite_Aeby_u_Landry.php, 26.2.2016
[4] Thoji: http://mb.nawcc.org/archive/index.php/t-92325.html, 26.2.2016
[5] Schliesser, Paul, Gruen –The Art & Mystery of Watchmaking, 1998-2001, http://www.pixelp.com
[6]The Gruen Watch Co., The Guild Book, 1929
[7] Ranfft, Dr. Roland: http://www.ranfft.de/cgi-bin/bidfun-db.cgi?13&zenoshop&0&2uswk&Gruen_381, 25.01.2017

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